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Oftmals sind Personen, denen der Nachlass zugute kommen soll, nicht Teil der gesetzlichen Erbfolge. Möchte der Erblasser diese Personen bei der Nachlassverteilung berücksichtigen, kommen zwei Möglichkeiten in Betracht: Das Testament und der Erbvertrag. Gerade für unverheiratete Paare, die den Partner bei der Nachlassverteilung berücksichtigen wollen, bietet Letzterer die Lösung.

Was ist ein Erbvertrag?

Der Erbvertrag ist die Möglichkeit – neben dem Testament – Bestimmungen über den Nachlass in der Form zu treffen, dass das Vermögen nach dem Tod verbindlich auf eine oder mehrere Personen übergeht. Der Erbe wird durch Vertrag bestimmt. Dieser Vertrag ist schuldrechtlicher Art und kommt durch zwei übereinstimmende Willenserklärungen zwischen Erblasser und Erben zustande. Ein Anspruch des Erben entsteht jedoch erst nach Eintritt des Erbfalls. Ein Erbvertrag kann nur in notarieller Form und bei Anwesenheit beider Vertragspartner geschlossen werden.

Erbvertrag vs. Testament

Erbvertrag und Testament entsprechen sich insoweit, dass beide vom Erblasser höchstpersönlich zu errichten sind und eine Stellvertretung demnach nicht möglich ist. Der wesentliche Unterschied zum Testament besteht aber in der Bindungswirkung. Ein Testament ist jederzeit widerrufbar. Der Erbvertrag ist zu Lebzeiten des Erblassers schon bindend uns somit „stärker“ als ein Testament. Dem späteren Erben wird eine starke, einseitige und nicht mehr entziehbare Rechtsposition eingeräumt. Zu beachten ist auch, dass der Erbvertrag dem Testament vorgeht, d.h. auch ein zeitlich späteres Testament darf den Vertrag nicht beeinträchtigen oder aufheben. Die Bindungswirkung kann aber durch übereinstimmenden Aufhebungsvertrag, neuen Erbvertrag oder durch den Rücktritt des Erblassers entfallen. Es kann daher sinnvoll sein, einen Änderungsvorbehalt oder ein Rücktrittsrecht schriftlich bei Vertragserstellung festzuhalten.

Anfechtung

Unter gewissen Voraussetzungen kann innerhalb eines Jahres nach Kenntnis des Anfechtungsgrund eine Anfechtung des Erbvertrags erfolgen. Dieses Anfechtungsrecht steht dabei sowohl dem Erblasser als auch denjenigen Personen zu, die von dem Wegfall und der Nichtigkeit des Erbvertrags profitieren würden (z.B. übergangene gesetzliche Erben; Kinder u.a.).

Sonderfall: Ehe- und Erbvertrag

Bei einem Erbvertrag ist es möglich diesen direkt an andere Verträge zu koppeln. Dies bedeutet jedoch nicht, dieser unmittelbar nichtig ist, sobald der Zusatzvertrag nicht eingehalten wird. Hier ist es wichtig die Abhängigkeit der Verträge vorab von einem Anwalt überprüfen zu lassen. In der Praxis wird der Erbvertrag häufig mit dem Ehevertrag verbunden, weil die Verträge die gleichen Formvorschriften haben und Notarkosten gespart werden können. Dieser zusammengefasste Vertrag umfasst dann nicht nur Regelungen zum Güterstand bzw. zum Versorgungsausgleich, sondern auch Angelegenheiten des Nachlasses. Vorteilhaft ist hier, dass der Erbvertrag immer dann unwirksam ist, wenn die Voraussetzungen zur Scheidung der Ehe vorliegen oder es zur Scheidung kommt. Individuelle Änderungen dieses Vertrages sind möglich.

 

Die oben beschriebene Komplexität des Erbvertrags und insbesondere dessen Vor- und Nachteile gegenüber einem Testament machen es oft schwer, die für Sie geeignetste Form der Nachlassverteilung zu finden. Es empfiehlt sich daher, einen Fachanwalt für Erbrecht zu dieser Thematik zu befragen. Gerne können Sie uns unter … kontaktieren und eine kostenlosen Kurzanfrage einholen.

Die Bindungswirkung bei einem gemeinschaftlich errichteten Ehegattentestament kann nur ausnahmsweise unter strengen Voraussetzungen durchbrochen werden. Eine Neutestierung ohne Änderungsvorbehalt ist nach § 2289 BGB rechtsunwirksam. Mit Beschluss vom 9.10.2020 hat das OLG Bamberg gezeigt, dass eine Abänderungsklausel in einem gemeinschaftlichen Ehegattentestament auslegungsbedürftig ist. Abänderungsklauseln führen nicht immer zur Durchbrechung der Bindungswirkung  (Beschluss vom 9.10.2020 – 3 W 43/20, Volltext).

Einseitige Abänderung bei gemeinschaftlichem Ehegattentestament

Dem Urteil lag folgender Fall zugrunde: Der Erblasser hat das gemeinschaftliche Ehegattentestament nach dem Tod seiner Ehefrau zulasten des gemeinsamen Sohnes abgeändert. Die neue Lebensgefährtin sollte als Miterbin zusammen mit dem Sohn eingesetzt werden. Die Änderung stütze er auf eine Abänderungsklausel. Die Bindungswirkung von dem Ehegattentestament sollte durchbrochen werden, wenn es zu „familiären Zuwiderhandlungen“ des Sohnes kommt. Solche Zuwiderhandlungen sah der Erblasser darin, dass sein Sohn keinen regelmäßigen Kontakt zum Erblasser pflegte.

Die Miterbin strebte vor Gericht die Erteilung eines Erbscheins an, der sie als Miterbin ausweist. Demgegenüber beantragte der Sohn einen Erbschein, der ihn als Alleinerben auszeichnet.

Das AG Bamberg hat mit Beschluss vom 19.7.2019 (57 VI 1885/18) dem Erbscheinantrag der Miterbin stattgegeben. Der Antrag des Sohnes wurde zurückgewiesen. Die Beschwerde des Sohnes vor dem OLG Bamberg hatte Erfolg.

Die Möglichkeit einer Änderungsklausel im Ehegattentestament

Es ist möglich, Änderungsvorbehalte durch Klauseln in ein gemeinschaftliches Ehegattentestament zu integrieren. Dadurch kann die Bindungswirkung durchbrochen werden. Nach Auffassung des OLG Bamberg musste im vorliegenden Fall die Klausel nicht nur einen Änderungsvorbehalt zugunsten des Letztversterbenden beinhalten. Die Klausel musste vielmehr nach Auslegung auch dahingehend zu verstehen sein, dass die Eheleute dem überlebenden Ehegatten gerade die Möglichkeit einer Neutestierung eröffnen wollten. Letzteres ist jedoch nur anzunehmen, wenn die Möglichkeit der Neutestierung als letztes Mittel anzusehen ist.

OLG Bamberg: Bindung an das gemeinschaftliche Testament trotz Änderungsklausel

Das OLG Bamberg legt die Änderungsklausel im streitgegenständlichen Fall dahingehend aus, dass „familiäre Zuwiderhandlungen“ vorliegen, wenn (wiederholte) massive, insbesondere schikanöse Übergriffe sowie vergleichbare erhebliche Verfehlungen durch den Sohn vorliegen. Eine bloße Kontakteinschränkung zum Vater genügte nicht.

Die Auslegung der Änderungsklausel ergibt zudem, dass es nicht Sinn des Änderungsvorbehalts im gemeinschaftlichen Ehegattentestament war, einem durch den Ehegatten verursachten Konflikt mit dem Alleinerben vorzubeugen. Auch kann es nicht Wille der Ehegattin gewesen sein, durch die Änderungsklausel die Möglichkeit einzuräumen, die neue Lebensgefährtin des Ehegatten im Testament zu bedenken. Die ultima Ratio Funktion der Neutestierung steht auch gerade im Widerspruch zum vorrangigen Beweggrund des Ehegatten, die Lebensgefährtin als Miterbin einzusetzen.

Das Gericht war der Ansicht, dass die Abänderung der ursprünglichen Schlusserbenbestimmung mit der Bindungswirkung von dem gemeinschaftlich errichteten Ehegattentestament unter keinen Umständen zu vereinbaren ist. Dies hat zur Folge, dass sich die abweichende Anordnung als rechtsunwirksam darstellt. Der Erbscheinantrag der Lebensgefährtin war von Anfang an abweisungsreif.

Um sicherzustellen, dass derartigen Problemen bereits bei der Errichtung von einem Ehegattentestament vorgebeugt wird, ist das Einholen von Expertenrat zu empfehlen. Dies ist etwa mit einer kostenlosen Kurzanfrage schnell und unkompliziert möglich.