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Die Testierunfähigkeit einer Person lässt sich nicht immer ohne Probleme feststellen. So hatte sich das OLG Hamm vor nicht allzu langer Zeit mit der Frage auseinanderzusetzen, ob eine Erblasserin zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung überhaupt noch testierfähig war (Urteil v. 13.07.2017, 10 U 76/16, Volltext).

Erblasserin setzt Beklagten in Testament als Alleinerben ein

In diesem Fall stritten die Klägerin und der Beklagte um das Erbe der Erblasserin. Der Beklagte war dabei der Sohn der Erblasserin. Die Klägerin war dagegen die Adoptivtochter des anderen, bereits verstorbenen Sohnes der Erblasserin.

Der Fall begann damit, dass die Erblasserin im Jahr 2004 in ein Pflegeheim zog. Im selben Jahr ordnete das zuständige Betreuungsgericht wegen einer Demenzerkrankung der Erblasserin eine Betreuung für ihre Vermögensangelegenheiten an. Der Beklagte und der Adoptivvater der Klägerin wurden als Betreuer bestimmt. Nach dem Tod des Zweiteren im Jahr 2007 war der Beklagte der alleinige Betreuer.

Kurze Zeit später errichtete die Erblasserin ein notarielles Testament, in dem der Beklagte als Alleinerbe eingesetzt wurde. Darüber hinaus schenkte sie ihm in den folgenden Jahren durch notariell beurkundete Schenkungsverträge größere Geldbeträge. Im Jahr 2010 kam nun eine ärztliche Begutachtung im Rahmen des Betreuungsverfahrens zum Schluss, dass die Erblasserin an einer fortgeschrittenen Demenzerkrankung leide und demnach geschäfts- und testierunfähig sei. Schließlich verstarb die Erblasserin

Nun erhob die Klägerin jedoch eine Feststellungsklage. Auf diesem Wege wollte sie die Unwirksamkeit des im Pflegeheim errichteten Testaments und der Schenkungsverträge feststellen lassen. Dies begründete sie mit der fortgeschrittenen Demenzerkrankung der Erblasserin. Demnach sei sie bereits zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung testier- und geschäftsunfähig gewesen. Der Beklagte erwiderte dem allerdings, dass die Erblasserin bis zum Jahr 2009 ihren Willen frei und realistisch bestimmen konnte. Geschäfts- und Testierunfähigkeit habe erst ab 2010 bestanden. Folglich sei das Testament und die Schenkungsverträge wirksam.

Testierunfähigkeit bereits vor oder erst nach Testamentserrichtung?

Das OLG Hamm vernahm Zeugen und hörte einen medizinischen Sachverständigen an, um die Frage nach der Geschäfts- und Testierunfähigkeit der Erblasserin beantworten zu können. Letzten Endes kam es zu dem Schluss, dass die Erblasserin zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung und Schenkungen wegen der Demenzerkrankung testier- und geschäftsunfähig gewesen sei. Sowohl das Testament als auch die Schenkungsverträge seien demnach unwirksam.

Dass Testament und Schenkungsverträge dabei notariell beurkundet wurden, spiele dabei keine Rolle, da ein Notar kein „Universalgelehrter“ sei. Daher könne er den geistigen Zustand einer Person auch nach langer Berufserfahrung nicht sicher beurteilen. Zudem könne auch eine fortgeschrittene Demenzerkrankung für einen medizinischen Laien nicht wahrnehmbar sein, da der Erkrankte durch eine „intakte Fassade“ nach außen hin geistig klar wirken könne.

Geht es um die Testamentserrichtung, ist die Frage nach der Testierfähigkeit nur eine von vielen Problemen, die auftreten können. Im Zweifelsfall ist es daher besser, auf den Rat eines Experten zurückzugreifen. Dies ist etwa über eine kostenlose Kurzanfrage schnell und unkompliziert möglich.

Wird ein Angehöriger vom Erblasser enterbt, ist dies aus Sicht des Enterbten bereits ärgerlich genug. Grundsätzlich bleibt ihm dann jedoch wenigstens noch der Pflichtteilsanspruch. Wird ihm nun jedoch auch noch der Pflichtteilsanspruch entzogen, ist ein Rechtsstreit häufig vorprogrammiert. Dies bekam auch das OLG Hamm zu spüren, als es sich mit der Frage nach dem Bestehen eines Pflichtteilsanspruchs auseinanderzusetzen hatte (Urteil vom 26.10.2017 – 10 U 31/17, Volltext).

Enkel macht Pflichtteilsanspruch in Millionenhöhe geltend

Der Entscheidung des Gerichts lag folgender Fall zugrunde: Der Erblasser hatte zwei Kinder. In seinem Testament gab er allerdings an, dass beide Kinder enterbt sein und darüber hinaus auch keinen Pflichtteilsanspruch erhalten sollten. Dies begründete er mit deren Rauschgiftsucht und von ihnen begangenen Straftaten. Stattdessen sollte das millionenschwere Erbe sowohl an die Lebensgefährtin als auch den Bruder des Erblassers gehen.

Nachdem der Erblasser verstorben war, machte der Sohn eines der enterbten Kinder jedoch einen Pflichtteilsanspruch gegen die Erben geltend. Seiner Auffassung zufolge habe er als Enkel einen Anspruch auf die Hälfte des Nachlasses. Um seine Verwandtschaft mit dem Erblasser nachzuweisen, legte er seine Geburtsurkunde vor. Das zuständige Landgericht gab der Klage des Enkels statt und verurteilte die beiden Erben dazu, dem Enkel die Hälfte des Nachlasses auszuzahlen.

Bruder des Erblassers bestreitet Abstammung des Enkels

Während die Lebensgefährtin des Erblassers dies hinnahm, gab sich der Bruder nicht zufrieden und legte vor dem OLG Hamm Berufung ein. Dabei behauptete er, dass die Abstammung des Enkels vom Erblasser nicht gesichert sei. Zudem habe der Erblasser durch die Anordnung im Testament nicht nur seine Kinder, sondern auch deren Nachkommen ausschließen wollen.

Das OLG Hamm bestätigte allerdings die Entscheidung des Landgerichts und wies die Berufung als unbegründet zurück. Demnach ginge aus der Geburtsurkunde des Enkels hervor, dass er zumindest rechtlich von dem Erblasser abstamme. Dies sei im Bezug auf den Pflichtteilsanspruch ausreichend.

Des Weiteren seien dem Testament zufolge lediglich die Kinder des Erblassers enterbt worden. Im Testament sei dagegen nicht angeordnet worden, dass sich diese Anordnung auch auf alle weiteren Nachkommen der Kinder erstrecken sollte. Einen anderen Grund dafür, dem Enkel den Pflichtteil vorzuenthalten, gäbe es hier nicht. Demzufolge wurden der Bruder und die Lebensgefährtin zur Zahlung des Pflichtteils verurteilt.

Soll der Pflichtteilsanspruch wirksam entzogen werden, ist es daher ratsam, sich diesbezüglich vom Anwalt beraten zu lassen. Eine erste Einschätzung kann etwa auf dem Wege einer kostenlosen Kurzanfrage schnell und unkompliziert erfolgen.

Alle das Erbe betreffenden Fragen scheinen geklärt, aber nach Eintritt des Erbfalls stellt sich heraus, dass Teile vom Erbe verschenkt wurden. Was nun? Sicherlich stellt sich für den Erben zunächst die Frage, ob es eine Möglichkeit gibt, wieder an die verschenkten Teile des Erbes zu gelangen. Inwiefern dies möglich ist, hatte kürzlich das OLG Hamm (Urt. v. 12.09.2017, Az. 10 U 75/16, Volltext) zu beurteilen.

Erblasser verschenkt Vermögenswerte im Wert von 250.000 Euro

Der Fall stellte sich wie folgt dar: Der Erblasser und seine Ehefrau schlossen ein gemeinsames Testament. Dem Testament zufolge sollte ihr Sohn das gemeinsame Vermögen vom länger lebenden Ehepartner erben. Die Frau verstarb schließlich. Einige Zeit später zog der Erblasser mit einer anderen Frau, der späteren Beklagten, zusammen. Auf Wunsch seines Vaters vereinbarte der Sohn des Erblassers ein lebenslanges Wohnrecht an einer ihm gehörenden Wohnung mit der neuen Lebensgefährtin seines Vaters. Bedingung dafür war unter anderem, dass die Lebensgefährtin seinen Vater bis zu dessen Tod pflegen würde.

Nach und nach übertrug der Vater seiner Lebensgefährtin allerdings zahlreiche Vermögensgegenstände im Wert von insgesamt etwa 250.000 Euro. Nachdem der Erblasser verstorben war, erhob sein Sohn Klage. Seiner Auffassung zufolge beeinträchtigten die Schenkungen an die Lebensgefährtin sein Erbe. Sein Vater habe das Erbe zudem auch beeinträchtigen wollen. Folglich habe sie ihm die betreffenden Vermögenswerte herauszugeben. Die beklagte Lebensgefährtin behauptete dagegen, dass der Vater seinem Sohn nicht habe schaden wollen. Stattdessen seien die Schenkungen ein bloßes Zeichen seiner Dankbarkeit für ihre Pflege gewesen.

Erbe verschenkt: Herausgabe nur bei Benachteiligungsabsicht

Das OLG Hamm folgte nun der Auffassung des Sohnes und verurteilte die Beklagte zur Rückübereignung der verschenkten Vermögenswerte. Der Vater habe zumindest auch mit der nach § 2287 BGB erforderlichen Benachteiligungsabsicht gehandelt. Er habe gewusst, dass er durch die Schenkungen das Erbe seines Sohnes schmälere. Dieses Wissen sei ausreichender Ausdruck der Benachteiligungsabsicht. Darüber hinaus habe zudem kein „lebzeitiges Eigeninteresse“ an den Schenkungen gehabt: Einer Abwägung seiner Interessen mit denen seines Sohnes zufolge seien die Schenkungen nicht gerechtfertigt.

Ganz gleich, ob man in eine Situation wie diese gerät, oder etwa einen Pflichtteilsanspruch einfordern möchte – bei Problemen auf dem Gebiet des Erbrechts gilt es schnell zu handeln. Daher ist es ratsam, sich über eine kostenlose Kurzanfrage die Einschätzung eines Experten einzuholen.