Ein Testament soll grundsätzlich für klare Verhältnisse im Bezug auf die Erbschaft sorgen. Nicht immer ist dies jedoch der Fall. So hatte sich das OLG Düsseldorf in einem aktuellen Beschluss (Beschluss vom 29.09.2017 – I-3 Wx 63/16, Volltext) mit der Frage nach der Bedeutung von Streichungen im Testament zu befassen.

Große Teile des handschriftlichen Testaments durchgestrichen

Der Fall ist schnell geschildert: Ein Erblasser hatte ein handschriftliches Testament verfasst. Mit diesem Testament setzte er in erster Linie ein Ehepaar als Erben ein. Darüber hinaus sollte seine Cousine monatlich einen bestimmten Betrag erben. Sämtliche andere Verwandte schloss der Erblasser zudem aus. Nun war jedoch die erste, das Ehepaar betreffende, Passage des Testaments mit einem andersfarbigen Stift durchgestrichen.
Das Ehepaar beantragte nichtsdestotrotz einen gemeinsamen Erbschein und berief sich dabei auf das handschriftliche Testament. Die Streichungen stammten ihrer Auffassung nach nicht vom Erblasser selbst, oder entsprächen zumindest nicht dessen Willen.
Das Nachlassgericht lehnte den Erbscheinsantrag jedoch ab. Der Erblasser habe durch die Streichungen im Testament klar gemacht, dass die Eheleute gerade nicht als Erben eingesetzt werden sollten.

Streichungen im Testament wirklich durch Erblasser erfolgt?

Mit dieser Entscheidung des Nachlassgerichts wollten sich die Eheleute nicht begnügen und erhoben beim OLG Düsseldorf Beschwerde. Dort wurde der Beschwerde stattgegeben, da dem OLG zufolge nicht festgestellt werden konnte, wer die Streichungen im Testament vorgenommen hatte. Da sich das Testament zuletzt nicht in den Händen des Erblassers befunden hatte, sei dies fraglich.
Nachdem das Nachlassgericht dem Erbscheinsantrag der Eheleute nun schließlich stattgegeben hatte, erhob jedoch die Cousine des Erblassers gegen die Entscheidung des Nachlassgerichts Beschwerde. Nach umfassenden Zeugenvernehmungen und Gutachten kehrte das Nachlassgericht zu seiner ursprünglichen Auffassung zurück. Demnach stände nach der Beweisaufnahme fest, dass der Erblasser die Streichungen im Testament selbst vorgenommen habe.

Nicht jede Streichung erfolgt in Widerrufsabsicht

Nun kam es wie es kommen musste: Die Eheleute richteten sich mit einer erneuten Beschwerde an das OLG Düsseldorf. Das OLG teilte jedoch nach wie vor nicht die Meinung des Nachlassgerichts und gab dem Ehepaar recht. Grundsätzlich sei es zwar möglich, das Testament durch Streichungen ganz oder teilweise zu widerrufen. Allerdings sei hier zum einen nicht völlig unzweifelhaft, dass der Erblasser die Passagen im Testament auch wirklich selbst durchgestrichen hatte. Eine Vermutung des Aufhebungswillen käme nicht in Betracht, solange dies nicht feststände.

Zum anderen müsse auch nicht jede Streichung im Testament in Widerrufsabsicht erfolgen. Gegen diese Widerrufsabsicht sprach nach Auffassung des Gerichts insbesondere der Umstand, dass der Nachlass, sofern die Eheleute nicht erben würden, an den Staat gehen würde, da ja alle sonstigen Verwandten enterbt wurden. Dass dies Wille des Erblassers gewesen sei, stufte das Gericht als fernliegend ein und verneinte daher die Widerrufsabsicht. Letzten Endes ging das Erbe also doch an das Ehepaar.

Dieser Fall zeigt, welche Folgen Unklarheiten im Testament haben können. Daher ist es insbesondere bei der Testamentserrichtung ratsam, anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Zu diesem Zweck bietet sich etwa eine kostenlose Kurzanfrage an.

Die Statistik auf google trends spricht eine klare Sprache: Das Interesse an smart contracts hat sich innerhalb eines Jahres drastisch erhöht. Was hat es mit diesen schlauen Verträgen auf sich und wie smart ist die Erbrechtspraxis der Zukunft?

Smart contracts sind selbstausführende Verträge

Smart contracts sind Verträge, die sich selbst ausführen. Das klingt zunächst ziemlich utopisch. Wie soll ein Stück Papier selbst dafür sorgen, dass die Parteien tun, wie ihnen geheißen? Die Lösung liegt in einer technischen Krücke. Smart contracts sind keine klassischen Verträge, sondern Verträge im technischen Kleid. Mit dem üblichen Vertrag verbunden ist eine Software, die einige der im Vertrag vorgesehenen Dispositionen selbst veranlassen kann, wenn sie feststellt, dass es Zeit dafür ist und/oder ein Anlass dafür besteht. Natürlich kann ein Computer (noch) nicht eine Wohnung streichen oder ein Wertgutachten erstellen. Aber eine Software kann heute ohne Weiteres Objektbewegungen überprüfen, Zahlungen freigeben und den Zugang zu Objekten sperren oder entsperren. Die Parteien eines Vertrages können sich das zunutze machen, indem sie eine Vertragssoftware mit Bedingungskonstruktionen programmieren. Die vorprogrammierten Rechtsfolgen werden dann ausgelöst, sobald die Software den entsprechenden Trigger wahrnimmt.

Beispiele für smart contracts

Schon heute gibt es eine Vielzahl von Beispielen für Einsatzbereiche von smart contracts. Groß geworden sind smart contracts bei der Verwaltung von Kryptowährungen, wie etwa Bitcoin. Ihre Anwendung beschränkt sich aber nicht auf Währungsmärkte, sondern erstreckt sich auf viele Lebensbereiche, in denen vertragliche Ansprüche einfach zu prüfen und ihre Voraussetzungen digital erfassbar sind. So wird etwa vielfach vorgeschlagen, smart contracts für die Rechte von Flugpassagieren einzusetzen. Wäre ein europäischer Flug dann einige Stunden zu spät, müssten die Passagiere ihre gesetztlichen Entschädigungen nicht selbst einfordern, sondern erhielten sie vom smart contract automatisch ausgezahlt. Die bisher mit der Rechtsdurchsetzung verbundenen Kosten würden wegfallen. Andere Beispiele für Anwendungsfelder sind etwa wetterabhängig auszuzahlende Versicherungsprämien oder Vertragsstrafen im Fall von systematisch zu schnell fahrenden Leihfahrzeugen.

Smart contracts im Erbrecht

Ein internationales Startup namens Legacy schickt sich nun an, smart contracts auch im Erbrecht fruchtbar zu machen. Legacy sieht einen Bedarf für eine digitale Handhabung des digitalen Nachlasses bzw. des digitalen Erbes. Der Ansatz: Der Erblasser soll zunächst überlegen, wer seine digital zugänglichen Vermögensbestandteile wie etwa Kryptogeld oder Social-Media-Accounts nach seinem Tod erhalten soll. Für jeden Begünstigten formt er eine Transfereinheit (sog. capsule), der die einzelnen Vermögensteile dann zugewiesen werden. Sobald das System den Tod des Erblassers feststellt, werden die Einheiten auf die Rechtsnachfolger transferiert. Die Feststellung des Todes geschieht nicht etwa über die Standesämter, sondern dadurch, dass Legacy aufgrund öffentlich verfügbarer Informationen den Eindruck gewinnt, dass der Erblasser verstorben sein dürfte. Stoppt der Erblasser etwa abrupt seine Social-Media-Aktivität, schreiben viele Menschen ein „R.I.P.“ auf seine Facebook-Timeline, wird sein Account in den Gedenkstatus versetzt und/oder findet das System eine Todesanzeige in einer örtlichen Zeitung, die auf ihn passt, so könnte der Erbfall ausgelöst werden.

Herausforderung: Fehler im Vertragsvollzug

Es wird spannend sein zu beobachten, was geschieht, wenn das System hier irrt, etwa weil der Erblasser seine Social-Media-Aktivitäten aus anderen Gründen eingestellt hat, weil er im Koma liegt oder weil jemand das System bewusst in die Irre führt, um dem Erblasser zu schaden. Diese Fälle zeigen auch: Smart contracts werden die anwaltliche Arbeit nicht ersetzen, aber es wird neue und andersartige Streitigkeiten geben, wenn smart contracts eingesetzt werden.