Häufig wird ein Testament zuhause verwahrt. Dort ist allerdings auch die Wahrscheinlichkeit, dass das Testament verschwindet, recht hoch. Was passiert also, wenn ein Testament nach Eintritt des Erbfalls verschwunden ist? Kann ein unauffindbares Testament trotzdem wirksam sein? Damit hatte sich das OLG Köln vor kurzem zu befassen (Beschluss vom 19.7.2018 – 2 Wx 261/18, 2 Wx 266-270/18, Volltext).
Testament in Küchenschublade verwahrt
So war der Erblasser im vorliegenden Fall verwitwet. Kinder hatte er nicht. Nachdem er verstorben war, beantragte jedoch eines seiner Halbgeschwister die Erteilung eines Erbscheins nach gesetzlicher Erbfolge. Das zuständige Nachlassgericht erteilte den Erbschein schließlich.
Kurze Zeit später beantragte nun aber die Tochter der verstorbenen Ehefrau des Erblassers die Ausstellung eines Erbscheins. Der Erbschein sollte sie als Alleinerbin ausweisen. Gleichzeitig sollte der an die Geschwister erteile Erbschein wieder eingezogen werden. Die Tochter berief sich dabei auf ein handschriftliches Testament des Erblassers, was dieser in einem Umschlag in einer Küchenschublade verwahrt habe. Nachdem der Erblasser verstorben war, habe die Tochter den Umschlag zwar noch in der Schublade vorfinden können. Das Testament sei aber verschollen gewesen.
Das zunächst zuständige Nachlassgericht folgte, nach der Anhörung mehrerer Zeugen, der Auffassung der Tochter (AG Köln, Beschluss vom 14.02.2018 – 33 VI 293/16, Volltext). Folglich zog es den zunächst erteilten Erbschein wieder ein. Alleinerbin sollte demnach die Tochter werden. Die Halbgeschwister wollten sich damit jedoch nicht zufrieden geben und zogen vor das OLG Köln.
Unauffindbares Testament ist nicht allein wegen Unauffindbarkeit unwirksam
Die Beschwerden der Halbgeschwister hatten vor dem OLG Köln allerdings keinen Erfolg. Demzufolge sei ein unauffindbares Testament nicht allein wegen seiner Unauffindbarkeit unwirksam. Im vorliegenden Fall sei es möglich, die Form und den Inhalt mit allen zulässigen Beweismitteln zu rekonstruieren. Darüber hinaus sei bei einem unauffindbaren Testament auch nicht nur wegen der Unauffindbarkeit zu vermuten, dass der Erblasser es vernichtet und somit widerrufen habe. Im vorliegenden Fall hatten insbesondere Zeugenaussagen, denen zufolge der Erblasser noch einige Tage vor seinem Tod von seinem Testament erzählt hatte, zur Überzeugung des Gerichts beigetragen. Somit kann also selbst ein unauffindbares Testament wirksam sein, sofern das Gericht von der Existenz und dem jeweiligen Inhalt überzeugt ist.
Möchte man sicher stellen, dass ein eigenhändiges Testament nach dem Erbfall auch aufgefunden wird, sollte es jedoch beim Gericht hinterlegt werden. Nähere Informationen finden Sie in einem weiteren, kürzlich veröffentlichen Artikel. Bei weiteren Fragen zur Testamentsverwahrung oder anderen erbrechtlichen Themen kann jedoch auch über eine kostenlose Kurzanfrage schnell und unkompliziert Expertenrat eingeholt werden.