Wenn ein Mensch gestorben ist, fragen sich viele Angehörige, wie man einen Pflichtteilsanspruch geltend machen kann. In aller Regel geht das nicht ohne anwaltliche Hilfe. Häufig ist es allerdings möglich, den Pflichtteilsanspruch zumindest ohne Anrufung eines Gerichts durchzusetzen.
Was ist ein Pflichtteilsanspruch?
Ein Pflichtteilsanspruch ist eine Art gesetzlicher Mindesterbteil. Zwar verbürgt Art. 14 des Grundgesetzes die Testierfreiheit. Das bedeutet, dass jeder selbst bestimmen kann, wer sein Erbe wird. Ebenso gilt allerdings: Eigentum verpflichtet. Wer Eigentum besitzt, soll damit zumindest in bescheidenem Umfang auch die eigenen Angehörigen versorgen. Diese Versorgungspflicht realisiert sich zu Lebzeiten einer Person über das Unterhaltsrecht. Stirbt ein Mensch, so ist es unter anderem das Pflichtteilsrecht, das zumindest einen Teil des Erbes für die engsten Angehörigen reserviert. Sind diese Angehörigen ohnehin als Erben vorgesehen, ist der Pflichtteilsanspruch ohne Bedeutung. Wird aber ein naher Angehöriger testamentarisch übergangen = enterbt, kann er einen Pflichtteilsanspruch geltend machen. Rechtstechnisch ist er dann nicht selbst Erbe, sondern macht einen gesetzlichen Geldanspruch gegen die Erben geltend.
Pflichtteilsanspruch geltend machen: Die Rechtslage
Wie schützt das Recht den Pflichtteilsberechtigten? Der Pflichtteilsanspruch besteht in Höhe der Hälfte des gesetztlichen Erbteils. Der gesetzliche Erbteil ist dasjenige, was ein naher Angehöriger bekommt, wenn der Erblasser weder Testament noch Erbvertrag hinterlassen hat. Der Pflichtteilsanspruch ist dabei ein reiner Geldanspruch. Er lässt sich insofern recht einfach errechnen, sobald man den Gesamtwert des Nachlasses kennt. Weil der Nachlasswert für die Pflichtteilsberechnung so wichtig ist, steht dem Pflichtteilsberechtigten zunächst ein Auskunftsanspruch gegen den oder die Erben zu. Sie müssen ihm Auskunft geben über den kompletten Nachlassbestand und dessen Wert. Bestehen begründete Zweifel an den gemachten Angaben, müssen sie dem Pflichtteilsberechtigten die Richtigkeit dieser Angaben sogar eidesstattlich versichern. Ist die Höhe des Nachlasswerts dann bestimmt, kann der enterbte Angehörige anschließend seinen Pflichtteilsanspruch geltend machen.
Das Patentrezept: Pflichtteil höflich, aber bestimmt einfordern
In aller Regel lassen sich Pflichtteilsansprüche nur mit anwaltlicher Hilfe durchsetzen. Denn nicht selten tun sich die Erben schwer zu akzeptieren, dass sie aus Rechtsgründen jemandem etwas abgeben müssen, obwohl dieser doch gerade enterbt wurde. Pflichtteilsberechtigte sollten in dieser Situation zunächst einmal mit einer Kurzanfrage zum Pflichtteilsanspruch überprüfen, inwieweit ein solcher Anspruch womöglich bestehen könnte. Anschließend empfiehlt es sich in der Regel, nicht sogleich mit einer Klage zu drohen, sondern den Pflichtteil höflich zu beanspruchen. Dabei sollte man sich freilich nicht mit pauschalen Angaben über den Nachlassbestand und seinen Wert zufrieden geben. Vielmehr sollte man auf ein ausführliches Nachlassverzeichnis und begründete Wertangaben nicht verzichten. Wer über bestimmtes Auftreten signalisiert, nicht zu viel, aber auch nicht zu wenig zu beanspruchen, hat gute Chancen, den Pflichtteilsanspruch außergerichtlich durchsetzen zu können.