Testamentsauslegung

Nicht immer geht der Wille des Erblassers völlig klar und deutlich aus dem Testament hervor. Dann muss versucht werden, das Testament richtig auszulegen. Mit einem solchen Fall der Testamentsauslegung hatte sich vor kurzem das KG Berlin (Beschluss v. 24.04.2018 – 6 W 10/18, Volltext) zu beschäftigen.

Wirksamkeit des Testaments von Bedingung abhängig?

Dem Beschluss des KG lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Erblasserin und ihr ehemaliger Ehemann hatten zwei gemeinsame Kinder. Nachdem die Erblasserin verstarb, beantragte ihr Ex-Mann einen gemeinschaftlichen Erbschein aufgrund gesetzlicher Erbfolge. Der Erbschein wurde erteilt.

Einige Monate später reichte der Ex-Mann jedoch ein mehr als 16 Jahre altes, formwirksames Testament der Erblasserin beim Nachlassgericht ein. Das Testament hatte die Erblasserin mit der Formulierung „für den Fall, das ich heute, am 26.11.99 tödlich verunglücke“ eingeleitet. Nach Aussagen des Ex-Mannes hatte die Erblasserin an diesem Tag weder an einer Krankheit gelitten, noch habe sie irgendeine gefährliche Aktivität geplant. Allerdings habe sie häufig von ihrem vorzeitigen Tod durch einen Unfall gesprochen.

Der Ex-Mann war der Auffassung, dass das Testament nicht wörtlich zu verstehen sei und ab dem 26.11.1999 gelten sollte. Demgegenüber meinten die Kinder, dass das Testament wörtlich zu verstehen sei und demnach nur gegolten hätte, wenn die Erblasserin tatsächlich an jenem Tag tödlich verunglückt wäre. Das Nachlassgericht folgte allerdings der Auffassung des Ex-Mannes und zog den Erbschein wegen Unrichtigkeit ein. Nun legte eines der Kinder Beschwerde gegen den Beschluss des Nachlassgerichts ein.

KG: Testamentsauslegung erforderlich

Das Kammergericht wies die Beschwerde allerdings zurück. Zu dieser Entscheidung kam das KG durch Testamentsauslegung. Entscheidend sei der Wille der Erblasserin zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung. Grundsätzlich sei in einem solchen Fall zu fragen, ob das im Testament angegebene Ereignis unmittelbar mit dem Eintritt der im Testament angeordneten Erbfolge zusammenhänge. Ist ein solcher Zusammenhang nicht erkennbar, muss davon ausgegangen werden, dass das Testament auch gelten soll, wenn das Ereignis nicht eingetreten ist.

Das Gericht sah in diesem Fall keinen solchen Zusammenhang. Zunächst hätte die Erblasserin keinen erkennbaren Grund gehabt, die Erbfolge wieder ändern zu wollen, wenn sie nicht etwa am 26.11.1999, sondern beispielsweise einen Tag später gestorben wäre. Die Umstände würden hier eher dafür sprechen, dass die Erblasserin durch die Testamentserrichtung Streitigkeiten vorbeugen wollte. Außerdem habe die Erblasserin nach Aussagen der Beteiligten mit dem Gedanken gespielt, das Testament im Jahr 2006 noch ändern zu wollen. Dies spräche dafür, dass die Erblasserin das Testament eben nicht vergessen habe und auch von dessen Fortgeltung ausging. Das Nachlassgericht habe den zunächst erteilten Erbschein also richtigerweise eingezogen, weil die Erblasserin die Erbfolge durch das wirksame Testament abweichend von der gesetzlichen Erbfolge geregelt habe.

Dieser Fall zeigt, dass bei der Errichtung eines Testaments Achtung geboten ist. Daher empfiehlt es sich, bei Fragen zum Testament auf den Rat von Experten zurückzugreifen. Dies ist etwa mit einer kostenlosen Kurzanfrage schnell und unkompliziert möglich.