Das Erbe Gurlitt bleibt vorerst ungeklärt. Das Oberlandesgericht München wird im September 2016 Zeugen hören, um zusätzliche Informationen zum Geisteszustand des verstorbenen Kunstsammlers einzuholen.
Streit um das Erbe Gurlitt: Auf die Testierfähigkeit kommt es an
Nach dem Tod von Cornelius Gurlitt vor gut zwei Jahren galt zunächst das Kunstmuseum Bern als sicherer Erbe seiner wertvollen Kunstsammlung. Denn Gurlitt hatte das Museum per Testament als Alleinerben eingesetzt. Die Diskussion begann, als Gurlitts Cousine ein Gutachten vorlegte, das zu dem Schluss kam, Gurlitt müsse zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung testierunfähig gewesen sein. Das inzwischen mit der Nachlassangelegenheit befasste Oberlandesgericht München bestellte anschließend selbst einen Sachverständigen. Dieser kam zu dem Ergebnis, Gurlitt habe zweifelsohne an psychischen Beeinträchtigungen gelitten. Gleichwohl fehle es an zureichenden Anhaltspunkten für den Schluss, er sei seinerzeit tatsächlich testierunfähig gewesen. Unter Anwendung der Zweifelsregelung des § 2229 Abs. 4 BGB würde danach das Museum als Erbe gelten.
OLG München geht beim Erbe Gurlitt auf Nummer Sicher
Das OLG München hat sich im Frühjahr 2016 entschieden, nicht bereits auf Grundlage des schriftlichen Gutachtens über die Testierfähigkeit von Gurlitt ein Urteil zu fällen. Vielmehr will das Gericht nunmehr die Beweisaufnahme in einem Termin Ende September 2016 fortsetzen. Dabei soll der Gerichtsgutachter seine schriftlichen Ausführungen erläutern. Zudem könnten dem Vernehmen nach auch die Privatgutachter von Gurlitts Cousine die Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten. Diese waren mit Blick auf die verfügbaren Indizien zum Gesundheitszustand Gurlitts von dessen Testierunfähigkeit überzeugt.
Urteil zum Erbe Gurlitt nicht vor Sommer 2017
Das Urteil des Oberlandesgerichts München zum Erbe Gurlitt wird nicht vor Sommer 2017 erwartet. Sollte das Gericht eine Fortsetzung der Beweisaufnahme für erforderlich halten, wäre sogar eine Entscheidung erst im Jahr 2018 denkbar. Dabei wird es letztlich nicht nur auf die Erkenntnisse der Gutachter, sondern vor allem auch darauf ankommen, wie das Gericht die Zweifelsfallregelung des § 2229 Abs. 4 BGB auslegt. Viel spricht dafür, dass auch die Gegengutachten der Cousine Gurlitts das Gericht nicht unzweifelhaft von der Testierfähigkeit Gurlitts überzeugen werden. Das Kunstmuseum Bern darf sich also berechtigte Hoffnungen machen, in absehbarer Zeit das Erbe von Cornelius Gurlitt antreten zu können.